In dem kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren
Gemeinde Spreeau,
vertreten durch das Amt Grünheide (Mark),
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,
Am Marktplatz 1,
15537 Grünheide (Mark),
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt
S.,
wegen: |
kommunale Neugliederung;
hier: Eingemeindung der Gemeinde Spreeau (Amt Grünheide (Mark))
in die Gemeinde Grünheide (Mark) |
hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg
durch die Verfassungsrichter Weisberg-Schwarz, Prof. Dawin, Prof. Dr.
Dombert, Havemann, Dr. Jegutidse, Dr. Knippel und Prof. Dr. Schröder
am 21. April 2005
b e s c h l o s s e n :
Die kommunale Verfassungsbeschwerde wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
A.
Die Beschwerdeführerin, eine bisher dem
Amt Grünheide (Mark) angehörende Gemeinde, wehrt sich gegen ihre Auflösung
durch Eingliederung in die Gemeinde Grünheide (Mark).
I.
1. Die Beschwerdeführerin liegt
unmittelbar südlich der Gemeinde Grünheide (Mark) im Landkreis Oder-Spree.
Sie grenzt im Osten an die Gemeinde Mönchwinkel, die ebenfalls dem Amt
Grünheide (Mark) angehörte, sowie im Süden und Westen an Gemeinden des Amtes
Spreenhagen und die Stadt Erkner. Das bisherige Amt Grünheide (Mark) und
damit auch das Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin liegen im engeren
Verflechtungsraum zu Berlin (s. Art. 1 Anlage 1 § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. Anhang
B 1 des Staatsvertrages vom 7. August 1997 über das gemeinsame
Landesentwicklungsprogramm der Länder Berlin und Brandenburg
[Landesentwicklungsprogramm, nachfolgend LEPro] und über die Änderung des
Landesplanungsvertrages [GVBl. 1998 I S. 14]). Die längste
West-Ost-Ausdehnung des Amtes beträgt ca. 15 km. Die Fläche des Amtes liegt
mit 126 km² um ein Drittel unter dem Landesdurchschnitt vor der kommunalen
Neugliederung. Die Bevölkerungsdichte lag zum 31. Dezember 2001 mit 59
Einwohnern je Quadratkilometer unter dem Durchschnitt des Landes von 87
Einwohnern je Quadratkilometern. Zu diesem Zeitpunkt lebten von den knapp
7.400 Einwohnern des Amtsgebietes ca. 4.900 in Grünheide (Mark) und 540 im
Gebiet der Beschwerdeführerin. Das Amt und vor allem die Gemeinde Grünheide
(Mark) verzeichneten seit 1992 mit andauernder Tendenz einen mit 31 % auch
für den engeren Verflechtungsraum überdurchschnittlich starken
Einwohnerzuwachs. Stündlich verkehrt eine Regionalbahn zwischen den
Bahnhöfen der Gemeinden Grünheide (Mark) - „Fangschleuse“ - sowie
Hangelsberg von und nach Berlin. Zwei Landstraßen führen in
Ost-West-Richtung durch das Amtsgebiet zur Autobahn und nach Berlin. Das
wirtschaftlich bedeutende Handels- und Logistikzentrum an der
Autobahnanschlußstelle Freienbrink erstreckt sich über die Gemarkungsgrenzen
der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Grünheide (Mark). Bauliche
Verflechtungen bestehen im Amtsgebiet zwischen der Beschwerdeführerin und
der Gemeinde Mönchwinkel sowie zwischen dieser und der Gemeinde Hangelsberg.
2. Ende April/Anfang Mai 2002 versandte
das Ministerium des Innern Anhörungsunterlagen für eine Anhörung der
Beschwerdeführerin zu der beabsichtigten kommunalen Neugliederung mit der
Gelegenheit zur Stellungnahme. In den ersten beiden Maiwochen wurden auch
die Anhörungsunterlagen für die Anhörung der Bevölkerung an den Landrat des
Landkreises Oder-Spree versandt. Für die Anhörung der Bürger stand ein Monat
zur Verfügung. Die Anhörung sollte vor dem Ende der Gemeindeanhörung
abgeschlossen sein.
3. Im September/Oktober desselben Jahres
brachte die Landesregierung sechs Gesetzentwürfe zur landesweiten
Gemeindegebietsreform in den Landtag ein. Art. 1 § 19 des Entwurfs zum
sechsten dieser Gesetze, zugleich § 19 des Gesetzes zur landesweiten
Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald,
Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree, Spree-Neiße (6.
GemGebRefGBbg) sah die Eingliederung der Beschwerdeführerin und der weiteren
Gemeinden des Amtes Grünheide (Mark) in die gleichnamige Gemeinde vor. Der
Innenausschuß des Landtages, an den die Gesetzentwürfe nach der ersten
Lesung verwiesen worden waren, führte am 23. Oktober 2002 vorab eine
Anhörung zu grundsätzlichen Fragen durch. Für den 22. Januar 2003 erging zur
Anhörung der Beschwerdeführerin eine Einladung an den ehrenamtlichen
Bürgermeister, der vor dem Ausschuß Verfahrensfehler rügen ließ. Das Gesetz
wurde sodann im Frühjahr 2003 vom Landtag verabschiedet. § 19 des 6.
GemGebRefGBbg vom 24. März 2003 (GVBl. I S. 93), am Tag der landesweiten
Kommunalwahlen (26. Oktober 2003) in Kraft getreten (s. Art. 6 des
Artikelgesetzes), lautet:
§ 19
Verwaltungseinheit Amt Grünheide (Mark)
(1) Die Gemeinden Hangelsberg,
Mönchwinkel und Spreeau werden in die Gemeinde Grünheide (Mark)
eingegliedert.
(2) Das Amt Grünheide (Mark) wird
aufgelöst. Die Gemeinde Grünheide (Mark) ist amtsfrei.
II.
Die Beschwerdeführerin hat am 24. Oktober
2003 kommunale Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, der
Gesetzgeber sei seiner Anhörungspflicht ungenügend nachgekommen. Im Hinblick
auf die auszuwertenden Ergebnisse der Bevölkerungsanhörung und die im
Gesetzentwurf erstmalig enthaltenen Leitbildbestimmungen sei die
Stellungnahmefrist für die Beschwerdeführerin zu knapp bemessen gewesen.
Eine strikte Zugrundelegung der Leitbildvorgaben sei unzulässig. Ein Erhalt
des Amtes habe als eigenständige und vorzugswürdige Alternative in den
Abwägungsprozeß eingehen müssen, zumal das Nachbaramt Spreenhagen in nahezu
allen Strukturmerkmalen vergleichbar und erhalten worden sei. Die
Beschwerdeführerin halte einen Zusammenschluß im Amt mit der Gemeinde
Mönchwinkel für möglich. Die Gemeinde Grünheide (Mark) sei kein Zentralort.
Eine Verflechtung zwischen der Gemeinde Grünheide (Mark) und der
Beschwerdeführerin bestehe nicht. Die geringe Siedlungsdichte entspreche
nicht den Merkmalen des engeren Verflechtungsraums. Es handele sich um einen
vorwiegend ländlich geprägten Raum. Wegen naturräumlicher Beschränkungen sei
eine weitere wesentliche Bevölkerungszunahme nicht zu erwarten. Der
Gesetzgeber habe den Sachverhalt nicht vollständig und richtig ermittelt,
insbesondere sei eine Ortsbesichtigung unterblieben. Im Gebiet der
Beschwerdeführerin würden auch 130 Zweitwohnsitze unterhalten. Die
Beschwerdeführerin verfüge über einen ausgeglichenen Haushalt und eine gut
ausgebaute Infrastruktur. Aus dem mit der Gemeinde Grünheide (Mark)
gemeinsam betriebenen Gewerbegebiet und Güterverkehrszentrum Freienbrink
würden hohe Einnahmen erzielt.
Die Beschwerdeführerin beantragt
festzustellen:
§ 19 Abs. 1 des Sechsten
Gemeindegebietsreformgesetzes Brandenburg, soweit es die
Beschwerdeführerin betrifft, ist mit Art. 97 Abs. 1 und Art. 98 der
Verfassung des Landes Brandenburg unvereinbar und deshalb nichtig.
III.
Der Landtag Brandenburg, die
Landesregierung, der Städte- und Gemeindebund Brandenburg und die Gemeinde
Grünheide (Mark) hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
B.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde bleibt
ohne Erfolg.
I.
Sie ist - insbesondere nachdem die
Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 30. August 2004 generell klargestellt
hat, sich nur gegen ihre eigene Eingliederung in die größere bzw.
neue Gemeinde, hier nach Grünheide (Mark), zu wenden - gemäß Art. 100
Verfassung des Landes Brandenburg (LV), §§ 12 Nr. 5, 51
Verfassungsgerichtsgesetz des Landes Brandenburg (VerfGGBbg) statthaft und
auch sonst zulässig. Die Beschwerdeführerin ist ungeachtet des
zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Neuregelung beteiligtenfähig. Eine
Gemeinde gilt nach feststehender Rechtsprechung für die Dauer des gegen ihre
Auflösung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerdeverfahrens als
fortbestehend. Ebenso wird die Beschwerdeführerin im kommunalen
Verfassungsbeschwerdeverfahren weiter durch das bisherige Amt vertreten.
II.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde
erweist sich aber in der Sache selbst als unbegründet. Die Auflösung von
Gemeinden durch den Staat ist, wie sich unmittelbar aus Art. 98 Abs. 1 und 2
LV ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Die dafür ebenfalls nach
Art. 98 Abs. 1 sowie Abs. 2 LV gezogenen Grenzen sind hier nicht verletzt.
1. Die nach der Landesverfassung geltenden
Anhörungserfordernisse sind eingehalten worden. Im Hinblick auf die insoweit
in einer Vielzahl von Verfahren im wesentlichen entsprechend vorgebrachten
Einwände wird auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes (vgl.
u.a. Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 - und zuletzt ausführlich
Beschlüsse vom 16. September 2004 - VfGBbg 102/03 und 118/03 -
www.verfassungsgericht.brandenburg.de) verwiesen.
2. Die Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die Gemeinde Grünheide (Mark) bleibt auch in der Sache
selbst im Einklang mit der Landesverfassung.
a) In das Gebiet einer Gemeinde sowie -
erst recht - in ihre körperschaftliche Existenz kann zufolge Art. 98 Abs. 1
LV nur aus Gründen des öffentlichen Wohls eingegriffen werden. Der
Inhalt des Begriffes „öffentliches Wohl“ ist dabei im konkreten Fall vom
Gesetzgeber auszufüllen, dem in dieser Hinsicht grundsätzlich – in dem von
der Verfassung gesteckten Rahmen – ein Beurteilungsspielraum und politische
Gestaltungsfreiheit in dem Sinne zukommt, daß er Ziele, Leitbilder und
Maßstäbe selbst festlegen kann.
Das Verfassungsgericht überprüft zunächst,
ob der Gesetzgeber den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zutreffend und
umfassend ermittelt hat. Dabei ist die verfassungsgerichtliche Kontrolle
nicht eingeschränkt (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, ständige
Rechtsprechung, u.a. Beschluß vom 27. Mai 2004 - VfGBbg 138/03 -
[Königsberg]; BVerfGE 50, 50, 51 [Laatzen]).
Das Verfassungsgericht prüft sodann, ob
der Gesetzgeber den ermittelten Sachverhalt seiner Regelung zutreffend
zugrundegelegt und die mit ihr einhergehenden Vor- und Nachteile in
vertretbarer Weise gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat. Hierbei
darf sich das Verfassungsgericht nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen
und hat seine Nachprüfung darauf zu beschränken, ob die Zielvorstellungen,
Sachabwägungen, Wertungen und Einschätzungen des Gesetzgebers offensichtlich
fehlerhaft, lückenhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der Wertordnung
der Verfassung widersprechen. Die Bevorzugung einzelner und die
gleichzeitige Hintanstellung anderer Belange bleibt dem Gesetzgeber so weit
überlassen, als das mit dem Eingriff in den Bestand der Kommunen verbundene
Abwägungsergebnis zur Erreichung der verfolgten Zwecke nicht offenkundig
ungeeignet oder unnötig ist oder zu den angestrebten Zielen deutlich außer
Verhältnis steht und frei von willkürlichen Erwägungen und Differenzierungen
ist. Es ist dabei nicht die Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob der
Gesetzgeber die beste und zweckmäßigste Neugliederungsmaßnahme getroffen hat
(Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteile vom 18. Juni 1998 –
VfGBbg 27/97 –, LVerfGE 8, 97, 169 f. m.w.N. und vom 29. August 2002 –
VfGBbg 34/01 –, UA S. 20, LKV 2002, 573, 575; ständige Rechtspr., u.a.
Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 101/03 -, a.a.O.). Unter mehreren
offensichtlich gleich gut geeigneten Lösungen muß der Gesetzgeber allerdings
diejenige auswählen, die für die betroffene Gemeinde weniger belastend ist
und in ihre Rechtssphäre weniger intensiv eingreift (VerfGH NW, Urteil vom
6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 31 f; StGH BW, Urteil vom 14.
Februar 1975 - GR 11/74 -, NJW 1975, 1205, 1212).
b) In Anwendung dieser Grundsätze hat sich
hier der Gesetzgeber fehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, daß für die
Eingliederung der Beschwerdeführerin Gründe des öffentlichen Wohls
vorliegen, und auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandende Regelung getroffen. Im einzelnen:
aa) Die allgemeinen vom Gesetzgeber hier
herangezogenen Kriterien für die kommunale Neugliederung halten sich im
Rahmen des öffentlichen Wohls (Art. 98 Abs. 1 LV). Der Gesetzgeber beruft
sich für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde Grünheide
(Mark) wesentlich auf das Bedürfnis einer Strukturänderung der
brandenburgischen Gemeinden in der Nähe zu Berlin (vgl. LT-Drucksache
3/5021, S. 348 sowie Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu § 19 des 6.
GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache 3/5550), und zwar auf das Leitbild
des Zusammenschlusses bislang amtsangehöriger zu amtsfreien Gemeinden im
engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin (2. a) aa) des Leitbildes).
(1) Die Einteilung des Landes in
verschiedene Neugliederungsräume mit der Differenzierung zwischen engerem
Verflechtungs- und äußerem Entwicklungsraum ist verfassungsrechtlich
grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber hat die Problematik des engeren
Verflechtungsraumes ausführlich untersucht und beschrieben (s.
Gesetzesbegründung zum 6. GemGebRefGBbg, LT-Drucksache 3/5021, S. 28 ff., 80
f.). Wenn er annimmt, die beiden Teilräume des Landes unterschieden sich in
einigen Kennziffern deutlich - etwa Bevölkerungs- und Siedlungs-dichte,
durchschnittliche Gemeindegröße, Bevölkerungsentwicklung, Wanderungssaldo,
Anteil der Auspendler nach Berlin,
Anteil der Einpendler in die Brandenburger
Gebiete aus Berlin, Arbeitslosenquote etc. (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 28
ff.) -, so ist dies nicht offensichtlich fehlerhaft. Schon die Behebung von
Strukturproblemen im Umland der größeren Orte innerhalb eines Bundeslandes
ist ein Grund des öffentlichen Wohls, der eine kommunale Neugliederung zu
rechtfertigen vermag, (Urteil vom 18. Dezember 2003 - VfGBbg 101/03 -; vgl.
auch SächsVerfGH SächsVBl 1999, 236, 239; ThürVerfGH NVwZ-RR 1997, 639, 643;
Hoppe/Stüer, DVBl 1992, 641, 642 f.; v. Unruh/Thieme/Scheuner, Grundlagen
der kommunalen Gebietsreform, 1981, S. 116, 118 f.). Dies gilt entsprechend
für die strukturellen Probleme, die sich aus der Nähe zu Berlin mit seinen
ca. 3 ½ Millionen Einwohnern ergeben. Auch im übrigen wirft das Verhältnis
zu Berlin eine Reihe schwieriger und aufwendiger Abklärungs- und
Koordinationsfragen auf, die Abstimmung und Absprache fordern. Wenn der
Gesetzgeber mit Ziffer 2. a) aa) seines Leitbildes (LT-Drucksache 3/5021, 24
ff.) in einem Bereich um Berlin die amtsfreie Gemeinde zur
Problembewältigung eines von Berlin ausgehenden Suburbanisierungsdruckes für
besser geeignet hält, so liegt darin nicht die Entscheidung für eine
offenkundig ungeeignete oder unnötige Maßnahme. Die Beibehaltung einer
Amtsverfassung kann für dünner besiedelte Gebiete mit ausgedehnten Flächen
und geringeren Wechselwirkungen zwischen den Gemeinden grundsätzlich anders
behandelt werden als im - bei statthafter pauschalierender und typisierender
Betrachtungsweise - deutlich dichter besiedelten Raum um Berlin mit
stärkeren wechselseitigen Abhängigkeiten der Kommunen.
(2) Es kann auch nicht festgestellt
werden, daß der Gesetzgeber grundsätzlich zu Unrecht die Abgrenzung zwischen
den beiden Neugliederungsräumen vorgenommen hätte, etwa aufgrund überholter
Raumordnungspläne. Der Gesetzentwurf geht zwar offenkundig von den
Festsetzungen nach § 4 S. 4 Nr. 1 i.V.m. dem Anhang B 1 des LEPro aus, in
denen alle Ämter aufgeführt sind, welche sich im engeren Verflechtungsraum
Brandenburg/Berlin befinden (s. auch die gemeindebezogene Auflistung Anlage
1 zum Landesplanungsvertrag, GVBl. I 1998, 30). Mitarbeiter der gemeinsamen
Landesplanungsabteilung Berlin/Brandenburg haben im Gesetzgebungsverfahren
in der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 23. Oktober 2002 hierzu
mitgeteilt, daß die Ausdehnung der beiden unterschiedlich geprägten Räume
sich zwischenzeitlich kaum geändert, sondern eine gewisse „Stabilität auch
über die Zeit hinweg“ gezeigt habe (Ausschußprotokoll 3/637, S. 94). Der
engere Verflechtungsraum dehne sich in einigen Bereichen eher aus; es könne
aber kein Beispiel genannt werden, wo es Abweichungen signifikanter Art gebe
(Ausschußprotokoll 3/637, S. 96). Auf die Frage des Abgeordneten Schulze,
ob ein Gebiet wegen eines tatsächlichen Entwicklungsdruckes dem engeren
Verflechtungsraum zugeordnet wurde oder nur, weil es innerhalb eines
bestimmten „Entfernungsrasters“ liege, ist erläutert worden, daß die
Entfernung zu Berlin nur einer der Indikatoren der Einstufung gewesen sei.
In der Folge hat der Landtag die bisherige landesplanerische Einordnung
lediglich als Indiz für die Lage im engeren Verflechtungsraum angesehen,
sodann aber in einem zweiten Schritt geprüft, ob es „Hinweise und Kritiken
auf eine aktuelle Entwicklung“ gibt, „die die Datenbasis insoweit obsolet
erscheinen“ lassen (Beschluß des Innenausschusses vom 28. November 2002 zu
Antrag Nr. 3 zur durchgeführten Anhörung vom 23. Oktober 2002,
Ausschußprotokoll 3/675) und damit im Gesetzgebungsverfahren geprüft, ob die
Einordnung einer Gemeinde bzw. eines Amtes in den engeren Verflechtungsraum
angesichts der tatsächlichen Entwicklung der letzten Jahre noch trägt. Diese
Vorgehensweise ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
bb) Der Gesetzgeber hat sich ausreichend
mit den danach maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen befaßt. Die
örtlichen Verhältnisse sowohl in Hinsicht auf die allgemeinen
Strukturprobleme, die sich aus der Nähe zu Berlin ergeben, als auch die
Beziehungen zwischen den Gemeinden des Amtes Grünheide (Mark) sind in den
Gesetzesunterlagen zutreffend angesprochen (s. die Beschreibung der
Gemeinden im „Neugliederungssachverhalt“ in LT-Drucksache 3/5021, S. 344
ff.). Die wesentlichen Strukturdaten wurden zutreffend ermittelt, etwa die
stark ausgeprägten Verkehrsverbindungen der Gemeinden des Amtes Grünheide
(Mark) nach Berlin über zwei unmittelbar an der Gemarkungsgrenze der
Gemeinde Grünheide (Mark) gelegene Autobahnauffahrten, ein Netz von
Landstraßen und durch die Regionalbahn über die Bahnhöfe Fangschleuse und
Hangelsberg. Die Erreichbarkeit Berlins wird zudem über regelmäßige
Busverbindungen aller Gemeinden untereinander und zu den Bahnhöfen
gefördert. Der Gesetzgeber berücksichtigte auch einerseits die für den
engeren Verflechtungsraum deutlich unterdurchschnittliche Einwohnerdichte im
Amtsgebiet sowie andererseits den für diesen Raum typischen und sogar
überdurchschnittlichen Bevölkerungszuwachs um mehr als 30 % binnen 9 Jahren,
mit dem eine hohe Zahl neuer Wohnungen einherging. Daß sich insbesondere
wegen Naturschutzbestimmungen eine Bebauung auf bestimmte Bereiche
konzentriert, steht der Prognose des Gesetzgebers, daß der Siedlungsdruck
und Bevölkerungzuwachs anhalten wird, nicht entgegen. Die Attraktivität des
naturräumlich reizvollen Gebiets im besonderen für Bürger Berlins bestätigt
auch die Beschwerdeführerin, indem sie auf eine hohe Zahl in den Gemeinden
des Amtes gemeldeter Zweitwohnsitze - allein 130 im Gebiet der
Beschwerdeführerin - hinweist. Als typisch für den engeren Verflechtungsraum
durfte der Gesetzgeber auch eine mit zwischen 10 und 12 % liegende im
Landesdurchschnitt geringe Arbeitslosenquote und den ausgeprägten
Pendelverkehr nach Berlin ansehen.
Ebenso hat der Gesetzgeber besondere
Beziehungen der amtsangehörigen Gemeinden untereinander ermittelt. Dazu
gehören insbesondere bauliche Verflechtungen der Gemeinde Hangelsberg
(Siedlung Wulkow) mit der Gemeinde Mönchwinkel sowie dieser mit der
Beschwerdeführerin (Ortsteil Spreewerder) und die gemeindenübergreifende
Bewirtschaftung des großen Güterverkehrszentrums Freienbrink mit der
Gemeinde Grünheide (Mark). Darüber hinaus ist nicht zu beanstanden, daß der
Gesetzgeber die Gemeinde Grünheide (Mark) - auch wenn ihr zwischen den
Städten Erkner und Fürstenwalde/Spree nach dem Regionalplan keine
Zentrenqualität zugewiesen ist - aufgrund ihrer Einwohnerstärke von zwei
Dritteln der Bevölkerung des Amtes als den Siedlungskern im Amtsgebiet
ansieht.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der
Gesetzgeber sämtliche tatsächlichen Momente in allen Einzelheiten richtig
erfaßt und gewürdigt hat. Ins Gewicht fällt vielmehr nur, ob er die für die
Durchführung des gewählten Leitbildes bestimmenden Elemente in ihrem
wesentlichen Gehalt richtig erkannt und daraus sachgerechte Folgerungen
gezogen hat. Nur wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden
Tatsache bestritten und es möglich ist, daß bei Zugrundelegung der
behaupteten abweichenden Situation die Neugliederung anders ausgefallen
wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl.
SächsVerfGH, LVerfGE 10, 375, 398 „[mit-]entscheidend“; VerfGH NW, Urteil
vom 6. Dezember 1975 - VerfGH 39/74 -, UA S. 25; StGH BW, NJW 1975, 1205,
1213). Derartige Tatsachen hat die Beschwerdeführerin indes nicht
mitgeteilt.
cc) Zur Bewältigung der vom Gesetzgeber
benannten Strukturfragen ist die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die
Gemeinde Grünheide (Mark) nicht offensichtlich ungeeignet. Das
Landesverfassungsgericht vermag nicht zu erkennen, daß das Ziel einer
Bereinigung der Strukturprobleme im Bereich Grünheide (Mark) durch die
Zusammenführung in einem einheitlichen Aufgaben- und Verwaltungsraum
eindeutig verfehlt würde.
dd) Die Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die Gemeinde Grünheide (Mark) ist nicht
unverhältnismäßig.
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
müssen die für eine Auflösung der Gemeinde sprechenden Gründe des
öffentlichen Wohls gegenüber den für ihren Fortbestand sprechenden Gründen
erkennbar überwiegen (vgl. hierzu BayVerfGH BayVBl 1981, 399, 400 f.; s.
auch NdsStGH OVGE 33, 497, 503; StGH BW NJW 1975, 1205, 1211). Dies ist hier
- nach der vertretbaren Wertung des Gesetzgebers - der Fall. Da die
kommunale Selbstverwaltung auch dazu dient, die Bürger zu integrieren, den
Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl („Heimat“) zu vermitteln und damit die
Grundlagen der Demokratie zu stärken, ist die Reform der Gemeindestruktur
nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der
Verwaltungsorganisation zu messen. Eine Gemeinde darf nicht ohne
Berücksichtigung von Besonderheiten allein aus Gründen der
Strukturbereinigung aufgelöst werden. Andernfalls können der Eingriff in die
Existenz einer Gemeinde und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der
örtlichen Verbundenheit außer Verhältnis zu dem angestrebten Vorteil geraten
(vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002,
a.a.O.).
Vorliegend besitzen indes nach der
vertretbaren Abwägung des Gesetzgebers die für die Eingliederung der
Beschwerdeführerin in die Gemeinde Grünheide (Mark) sprechenden Gründe das
größere Gewicht. Dem Gesetzgeber war die Bedeutung der kommunalen
Selbstverwaltung gegenwärtig. Er hat die Belange der Einwohner durchaus im
Blick gehabt und sich damit, ablesbar aus der amtlichen Begründung des
Gesetzentwurfs (s. LT-Drucksache 3/5021, S. 342 ff.; s. auch S. 73 ff., 84
ff.) und den Beratungen im Landtag und seinen Ausschüssen (Beschlußempfehlung
des Innenausschusses zu § 19 des 6. GemGebRefGBbg, Anlage 2 zu LT-Drucksache
3/5550), auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite hat er jedoch als
gegenläufige Belange in zulässiger und vertretbarer Weise außer der
Bereinigung der Stadt-Umland-Probleme im Raum Grünheide (Mark) namentlich
die Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung durch
die Zusammenführung in einer einheitlichen Kommune sowie Gesichtspunkte der
Raumordnung, auch zur Stabilisierung der infolge der Eingliederungen mit
nach dem Stand des Jahres 2001 ca. 7.400 Einwohnern und anhaltendem
Einwohnerzuwachs zwischen den Zentren Erkner und Fürstenwalde/Spree nicht
unvertretbar als lebensfähig eingeschätzten Gemeinde Grünheide (Mark), in
seine Abwägung eingestellt und ihnen die größere Bedeutung beigemessen.
Die hier in Frage stehenden
Stadt-Umland-Probleme lassen sich entgegen der Einschätzung der
Beschwerdeführerin nicht etwa ebenso gut durch interkommunale Zusammenarbeit
bewältigen. Interkommunale Zusammenarbeit, in welcher Form auch immer (in
Gestalt von Zweck- oder Planungsverbänden, Arbeitsgemeinschaften oder
Kapitalgesellschaften oder durch öffentlich-rechtliche
Kooperationsverträge), kann typischerweise jeweils nur in Teilbereichen
wirken. Sie wirft zudem ihrerseits Abstimmungs- und Kooperations- sowie
Rechts- und Personalfragen auf. Im Vergleich zu einer gemeindlichen
Neuordnung ist die interkommunale Zusammenarbeit schwächer und instabiler.
ee) Auch im übrigen läßt die Abwägung des
Gesetzgebers keine seine Entscheidung in Frage stellenden Defizite erkennen.
(1) Eine mindestens gleich geeignete
Alternative zu der Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde
Grünheide (Mark) ist weder von der Beschwerdeführerin vorgetragen noch sonst
ersichtlich. Der Gesetzgeber durfte seiner Entscheidung zugrundelegen, daß
die Strukturaussage 2. d) bb) seines Leitbildes für den Regelfall anstrebt,
daß Gemeinden innerhalb der Grenzen der bestehenden Ämter
zusammengeschlossen werden, und es daher konsequent und leitbildgerecht ist,
sämtliche Gemeinden des bisherigen Amtes Grünheide (Mark) zu vereinigen,
also unter Einbeziehung auch der Beschwerdeführerin, nachdem ein
Abweichungsfall, ähnlich den in 2 d) bb) Satz 2 des Leitbildes angeführten
Beispielen (zur Stärkung der Zentralorte nach Landesentwicklungsplan I bzw.
nach den Regionalplänen sowie zur Schaffung von Verwaltungseinheiten
annähernd gleicher Leistungskraft geboten), nicht ersichtlich ist (vgl. u.a.
VfGBbg, Beschluß vom 24. Juni 2004 - 148/03 - [Altglietzen], S. 24 f. des
EA; aber zur Nichtanwendbarkeit dieser Leitbildregelung, wenn das bisherige
Amt durch das Gesetz ohnehin amtsgebietsüberschreitend neugegliedert wird:
VfGBbg Beschlüsse vom 27. Mai 2004 - 63/03 und 138/03 [Herzsprung,
Königsberg], S. 18 EA). Es ist von Verfassungs wegen nichts dagegen zu
erinnern, wenn der Gesetzgeber unter Meidung einer aufwendigen
Vermögensauseinandersetzung (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 4, § 32 des 6.
GemGebRefGBBg) bei der Auflösung eines Amtes an das regelmäßig seit Jahren
stattfindende Zusammenwirken der bislang amtsangehörigen Gemeinden anknüpft
und eine Fortführung der Gemeinschaft in Gestalt der amtsfreien Gemeinde
präferiert, soweit - wie hier - keine besonderen Umstände stärker für eine
(ggf. nur partiell) die bisherigen Amtsgrenzen überschreitende Lösung
sprechen.
(2) Der Gesetzgeber mußte im Bereich
Grünheide (Mark) auch nicht das Amt erhalten, weil er andernorts im engeren
Verflechtungsraum entsprechend verfahren war. Die Neugliederung verstößt in
dieser Hinsicht nicht gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit.
Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte,
daß der Gesetzgeber bei der Umsetzung einer Gemeindegebietsreform sein
„System“ nicht ohne hinreichende Begründung verlassen darf (vgl. etwa
Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 27. November 1978 - 2 BvR 165/75 -,
BVerfGE 50, 50, 51 „Raum Hannover“; ThürVerfGH, Urt. vom 18. Dezember 1996 -
VerfGH 2/95 -, LVerfGE 5, 391, 422; BayVerfGH, Entsch. vom 20. April 1978 -
Vf.6-VII-78 -, BayVBl 1978, 497, 503; hinsichtlich Kreisgebietsreform
bereits das erkennende Gericht, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 –
LVerfGE 2, 125, 142; vgl. auch Dreier, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar,
Bd. 2, 1998, Art. 28 Rn. 122; Tettinger, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Das
Bonner Grundgesetz Band 2, Art. 28 Rn. 233). Im wesentlichen vergleichbare
Neugliederungen müssen gleich behandelt werden. Regelungen, die ohne
hinreichende Begründung das zugrundeliegende System verlassen, verstoßen
gegen das öffentliche Wohl.
Die Einschätzung des Gesetzgebers, es
liege keine vom Regelfall abweichende Situation vor, ist nicht zu
beanstanden. Daß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit verstoßen worden
wäre, ist schon im Ansatz nicht ersichtlich. Nach dem Leitbild kann es
allerdings auch im engeren Verflechtungsraum im Ausnahmefall weiterhin Ämter
geben. Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in einem Fall (Amt
Spreenhagen (Landkreis Oder-Spree)) Gebrauch gemacht. Die Situation in
diesem Amt steht jedoch der im Amt der Beschwerdeführerin nicht gleich. Die
im Amt Spreenhagen außerordentlich weite Ost-West-Ausdehnung (ca. 30 km)
sowie das Fehlen eines ausgeprägten Siedlungskerns, die heterogene
Siedlungsstruktur, zudem mit der Ausrichtung auf unterschiedliche Orte,
lassen es als vertretbar, wenn nicht sogar als geboten erscheinen, für das
Amt Spreenhagen eine atypische Konstellation anzunehmen. Wenngleich die
Einwohnerdichte im Amt Grünheide (Mark) ähnlich untypisch für den engeren
Verflechtungsraum ist, ergeben die übrigen maßgeblichen Strukturdaten keinen
Sachverhalt, nach dem die Entscheidung für den vom Leitbild im engeren
Verflechtungsraum regelmäßig vorgesehenen Zusammenschluß zu einer amtsfreien
Gemeinde von Verfassungs wegen unvertretbar wäre. Auch durfte der
Gesetzgeber berücksichtigen, daß auch für den Fall eines Erhalts des Amtes
jedenfalls für die nur ca. 260 Einwohner zählende Gemeinde Mönchwinkel alles
für eine Eingliederung sprach, und sich dagegen entscheiden, daß letztlich
ein Amt mit drei Mitgliedsgemeinden erheblich unterschiedlicher (Einwohner-)Stärke
und einem deutlichen Übergewicht der Gemeinde Grünheide (Mark) im
Amtsausschuß entstanden wäre bzw. fortbestanden hätte.
(3) Der Gesetzgeber war auch nicht durch
die finanziellen Folgen an einer Eingliederung der Beschwerdeführerin
in die Gemeinde Grünheide (Mark) gehindert. Er hat die Problematik der
Verlagerung der Finanz- und Planungshoheit gesehen und demgegenüber dem
Vorteil der Bündelung der finanziellen Möglichkeiten infolge der
Neugliederung im Verbund der Gesamtabwägung und mit Blick auf gestärkte
Instrumente der Ortschaftsverfassung (§§ 54 - 54 e GO) sowie die Pflicht
einer jeden Gemeinde und Stadt, für das soziale, kulturelle und
wirtschaftliche Wohl aller ihrer Einwohner, für eine harmonische Gestaltung
der Gemeindeentwicklung, zu sorgen (vgl. u.a. § 1 Abs. 2 Sätze 2 und 3, § 3
Abs. 2 GO), in vertretbarer Weise höheres Gewicht zuerkannt (vgl.
LT-Drucksache 3/5021, S. 89 f.). Für die Beurteilung am Maßstab des
öffentlichen Wohls im Sinne des Art. 98 Abs. 1 LV ist nicht ausschließlich
oder auch nur in erster Linie entscheidend, welche Lösung für die Einwohner
der einzelnen Gemeinde die meisten Vorteile bietet. Entscheidend ist
vielmehr, welche Lösung den Interessen des gesamten neu zu gliedernden
Verwaltungsraumes und seiner Bevölkerung sowie darüber hinaus der
Gesamtbevölkerung des Landes am besten entspricht. Von dieser Erwägung hat
sich der Gesetzgeber bei der Ausübung seines Ermessens leiten lassen. Eine
Beteiligung aller Gemeinden an den finanziellen Lasten des miteinander
verflochtenen Gesamtraumes ist nicht unangemessen. Unabhängig davon ist die
Finanzlage naturgemäß nicht von Dauer, sondern veränderlich. Die
wirtschaftliche Entwicklung des Gesamt-Neugliederungsgebietes ist so oder so
nicht sicher einschätzbar.
(4) Verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden ist schließlich auch, wie der Gesetzgeber den geäußerten Willen
der Bevölkerung gewichtet hat. Die aus der Anhörung der Bevölkerung der
Beschwerdeführerin und der weiteren bisher amtsangehörigen Gemeinden des
Amtes Grünheide (Mark) resultierenden Stellungnahmen sowie Ergebnisse von
Bürgerentscheiden (vgl. LT-Drucksache 3/5021, S. 342 f.) zur beabsichtigten
Neugliederung lagen im Landtag vor und sind damit in das
Gesetzgebungsverfahren eingeflossen. An das sich daraus ergebende
Stimmungsbild ist der Gesetzgeber aber nicht gebunden. Das Ergebnis der
Anhörung der Bevölkerung stellt vielmehr nur ein Merkmal unter weiteren
Gesichtspunkten dar, die für die Ermittlung der Gründe des öffentlichen
Wohles und damit für die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers von
Bedeutung sind. Bei einer allgemeinen Gebietsreform geht es eben auch darum,
größere Räume neu zu gliedern, so daß nicht nur örtliche Gegebenheiten - wie
etwa die Akzeptanz des Vorhabens bei den Bürgern der einzelnen Gemeinde -
ins Gewicht fallen. Hiervon ausgehend hat sich der Landtag in den Grenzen
seiner Entscheidungsfreiheit bewegt, als er nicht dem in einigen Gemeinden
des Amtes mehrheitlich ablehnenden Ergebnis der Anhörung der Bevölkerung
bzw. dem Votum der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin gefolgt ist,
sondern den für die Eingliederung der Beschwerdeführerin in die Gemeinde
Grünheide (Mark) sprechenden Umständen, dem Ziel der Schaffung eines
einheitlichen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsraumes im Umfeld
brandenburgischer Städte sowie Berlins, auch hier das höhere Gewicht
beigemessen hat.
C.
Das Verfassungsgericht hat - auch unter
Berücksichtigung des Schreibens des Verfahrensbevollmächtigten der
Beschwerdeführerin vom 19. April 2005 - einstimmig eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, § 22 Abs. 1, 2. Alt. VerfGGBbg.
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